Die Normseite ist wichtig, um Preise für Textarbeiten wie das Lektorat vergleichbar zu machen. Ich will euch erklären, was die Normseite ist, wie unterschiedlich sie interpretiert werden kann und wie ihr die Normseitenzahl eures Texts ermittelt.

Wozu dient eine Normseite

Wie das Wort schon sagt, ist die Normseite eine „genormte“ Seite. Sie ist eine Hilfsgröße, um den Umfang und dadurch das Honorar für ein Manuskript einzuschätzen. Warum die übliche Seitenanzahl dazu nicht ausreicht? Hier ein kleines, wenn auch überspitztes Beispiel:

Seite 1 enthält viel Text, genauer gesagt 4439 Zeichen inkl. Leerzeichen. Seite 2 enthält allerdings nur 1300 Zeichen inkl. Leerzeichen – also weit weniger als die Hälfte! Das liegt an den unterschiedlichen Schriftgrößen, Abständen, Überschriften oder auch an der Anzahl Bilder. Dazu kommt im Arbeitsalltag das Arbeiten mit unterschiedlichen Seitengrößen. Bei Word sprechen wir meist von einer A4-Seite – bei Dokumenten, die bereits im Layout waren, kann die Seite wesentlich größer oder kleiner ausfallen und dadurch natürlich mehr oder weniger Text beherbergen.

Der Aufwand für denjenigen, der den Text bearbeitet, ist dementsprechend unterschiedlich. Zumindest ist der Umfang des Textes ein wichtiger Anhaltspunkt, um den Aufwand einschätzen zu können. Zu diesem Zweck wurde die Normseite definiert. Zusätzlich kommt es auch auf die (nötige) Bearbeitungstiefe oder auch den Schwierigkeitsgrad eines Textes an. 

Wie ist die Normseite definiert?

Die Original-Definition für eine Normseite stammt noch aus Zeiten der Schreibmaschine. Diese Auslegungsart misst eine Normseite mit einer bestimmten Anzahl an Zeilen je einer bestimmten Anzahl an Schriftzeichen (exklusive Leerzeichen) oder Anschlägen (inklusive Leerzeichen). In Textverarbeitungsprogrammen wie Word ist es vergleichsweise kompliziert, das umzusetzen. Selbst wenn man von den unterschiedlichen Angaben absieht.

Natürlich hat die Formatierung als Normseite auch gewisse Vorteile. Ein Text mit einem Zeilenabstand von 1,5 zum Beispiel entspricht oft recht genau der Textmenge einer normierten Seite. Das lässt Lektoren und Übersetzern ausreichend Platz, um händisch Anmerkungen beizufügen. Manche Lektoren bevorzugen es auch, bei allen Texten ein ähnliches Erscheinungsbild zu haben, um dem Text möglichst viel Aufmerksamkeit zu widmen. Tatsächlich legt die Definition des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels 30 Zeilen zu maximal 60 Anschlägen fest. Besteht ein Lektor oder ein Verlag auf diese Art Formatierung, ist sie oder er sicher bereit, dabei zu unterstützen.

Für die grobe Orientierung:

Der durchschnittliche Umfang von Romanen oder wissenschaftlichen Veröffentlichungen liegt in etwa bei 300–350 Normseiten. Eine Masterarbeit liegt zum Vergleich eher bei 80 Normseiten.

VG Wort – ihr gebührt Dank für die häufig genutzte Definition

Die VG Wort, die in Deutschland für die Verwertungsrechte von Texten zuständig ist, hat diese Festlegung (zum Glück?) vereinfacht. Sie hat einfach festgestellt, dass 1500 „digitale“ Zeichen inkl. Leerzeichen den genannten Anschlägen am ehesten entspricht. Und weil diese Zählweise die einfachste ist, ist sie auch die am häufigsten verwendete.

Jetzt werden einige sagen, 30 mal 60, müssten es nicht 1800 Zeichen sein? Es gibt den einen oder anderen Auftraggeber, der so rechnet. Aber bei den 1800 Zeichen handelt es sich eben um physische Anschläge der Schreibmaschine. Eine halbe leere Zeile oder Leerstellen auf Seiten würden dann aus Leerzeichen bestehen, anders als bei der Software. Daraus ergibt sich ein Unterschied von etwa 20 %. Insofern müsste auch das Honorar pro Seite dann 20 % höher liegen. Die Anzahl an Leerzeichen macht selbst im Digitalen einen erfahrungsgemäß nicht unerheblichen Anteil aus.

Zu bedenken ist, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in Österreich oder der Schweiz andere Vereinbarungen für sich getroffen haben. In jedem Fall ist die Definition der Normseite vor Auftragsbeginn zu vereinbaren oder zu erfragen. Dann gibt es später keine Überraschungen. 😉

Alternativen zur Normseite

Sind die Texte mal kürzer, oder es geht um das Verfassen und nicht um andere Textarbeiten, wird meistens auf Alternativen zur Normseite zurückgegriffen. Gerade im Online-Bereich arbeitet man auch unabhängig von oft konservativen Verlagen.

Das Stundenhonorar

Wie bei anderen Selbstständigen oder Dienstleistern auch, ist es möglich, das Honorar nach Zeitaufwand anzugeben. Dabei muss der oder die Selbstständige natürlich in der Lage sein, den ungefähren Aufwand einzuschätzen. Dabei spielt also auch der Umfang mit hinein – egal ob Normseiten- oder Wortanzahl.

Wort-Preise

Honorar pro Wort (Cent-Beträge) ist bei Textern relativ verpönt, da vor allem Anbieter mit Wort-Preisen arbeiten, die zu niedrige Preise zahlen. Bei Übersetzern sind Wort-Preise allerdings gang und gebe. Ich kann persönlich auch mit Wortpreisen rechnen – solang das Ergebnis dennoch einem angemessenen Lohn entspricht.

Pauschalbetrag

Eine recht erfahrene Online-Redakteurin sagte mal, sie würde nur mit Pauschalpreisen arbeiten. Sie begründete das so: Ein Slogan für eine Werbekampagne hat zwar einen sehr geringen Umfang (wenige Wörter), dennoch ist ein großer Aufwand damit verbunden. Hier testet man hin und her, spielt mit mehreren Optionen und muss sich dennoch im Vorfeld mit der Identität der Marke auseinandersetzen. Ein schlecht gelungener Slogan kann schon einmal einen Shitstorm, und damit schlechte Auswirkungen für das Marken-Image mit sich bringen. Das kann auch ein hohes Risiko für den Texter bedeuten, was sich ggf. im Preis wiederfindet.

Wie die Normseite zu ermitteln ist

Es mag zunächst kompliziert und ungewohnt klingen, doch die Normseitenzahl eines Dokuments nach VG Wort zu ermitteln, ist wirklich simpel.

  • Word (Microsoft)
    Sicher kennt jeder die Stelle, an der die Wortanzahl des Dokuments angezeigt wird. Ein Klick darauf genügt und weitere Daten erscheinen – darunter auch die Zeichenzahl exkl. und inkl. Leerzeichen. Einfach die Zeichen durch 1500 rechnen und ihr erhaltet (gerundet) die Normseitenzahl. Bei wissenschaftlichen Arbeiten ist zu beachten, dass dabei auch die Fußnoten mitgezählt werden (Haken setzen!).
  • Pages (Apple)
    Das Prinzip ist ähnlich wie bei Word. Ggf. muss davor noch ein Schritt durchgeführt werden: Im Menüpunkt Darstellung „Wortanzahl anzeigen“ aktivieren. Dann mit dem Zeiger auf das sich öffnende Kästchen fahren und es über die Pfeile ausklappen. Auch hier erscheint eine Angabe mit und ohne Leerzeichen. Eine genaue Beschreibung findet ihr unter Tippscout.de.
  • Pdf
    Hier kommt ein beliebter Work-around zum Einsatz: Mit Strg + A wird der gesamte Text markiert, kopiert und im Anschluss in ein Word-Dokument eingefügt. Dann weiter wie oben. Das funktioniert natürlich nur bei den Pdf-Dateien, bei denen der Text markierbar und kopierbar ist.
  • Website
    Auch hier arbeite ich meist, indem ich in Word kopiere – am besten den reinen Text, damit nicht unnötig Bilder kopiert werden. Grundsätzlich dient der Umfang dabei aber nur einer groben Orientierung. Hier spielt stark der Zeitfaktor und das benötigte Know-how herein (siehe oben).

Übrigens, meine ungefähren Normseitenpreise könnt ihr bei meinen Leistungen finden. Mir ist wichtig, dass Kundinnen und Kunden sich ein ungefähres Bild von den Kosten machen können. Da mein Aufwand von mehr abhängig ist als nur vom Umfang, handelt es sich hier um Ab-Preise. Kostenvoranschläge bekommt ihr bei mir schnell und einfach. 🙂