Es ist soweit: Deine erste Veröffentlichung oder Abschlussarbeit steht an, für die du dir ein professionelles Lektorat wünschst. Gerade Neulinge wissen aber oft nicht, wie und wo sie den passenden Lektor oder die passende Lektorin finden. Hier findest du Tipps zur Auswahl und eine Übersicht mit guten Portalen.

Lektor suchen – Faktoren bei der Wahl

Fachgebiete

Einer der wichtigsten Faktoren bei der Suche nach einem Lektor oder einer Lektorin ist sicherlich das Genre deines Texts. Es sollte mit den Fachgebieten des Lektors übereinstimmen. Ganz klar: Für einen Online-Text hilft SEO-Wissen, für Romane breite Literaturkenntnisse, für Kinderbücher kann Pädagogik sinnvoll sein und für Werbetexte BWL oder eben Marketingkenntnisse und so weiter. Es ist eher unrealistisch, dass eine einzelne Person all das in sich vereint.

Eine Alternative wäre eine Textagentur, bei der mehrere Lektoren arbeiten. Dort wird natürlich der Bearbeitende unter anderem nach Genre ausgewählt. Das bringt leider mit sich, dass entweder der Preis steigt oder die Freelancer weniger vom Kuchen abbekommen als wertschätzend ist. Damit wären wir auch am nächsten Thema. 

Der Preis des Lektorats

Wie bei vielem gibt es die Auswahl zwischen Aldi und vielleicht eher… hm, Alnatura? Du kannst entscheiden zwischen Billiganbietern, bei denen es keine Garantie für Qualität, Aktualität oder faire Honorierung der Mitarbeitenden gibt. Oft lektorieren hier auch Studierende, die sich ein wenig neben dem Studium dazuverdienen mit wenig Texterfahrung. Agenturen oder Verlage wollen von dem kleinen Honorar dann auch noch etwas abzwacken …

Oder du kannst dir Gedanken darüber machen, wie viel dir das Lektorat wirklich wert ist. Am Ende ist es nämlich mehr als „ein bisschen Rechtschreibung korrigieren“: Ein Lektor denkt sich in deinen Text und deinen Stil hinein. Er deckt logische Brüche im Plot auf oder macht den Text fit fürs Web. Und daran kannst du wachsen. Du investierst in den Erfolg deines Texts und damit in deine Zukunft. Denk eher an den Nutzen, den das Lektorat dir bringt. Dann sind am Ende sowohl Autor*in als auch Lektor*in glücklich.

Vierstellige Preise mögen rein vom Umfang der Arbeit bei Romanen üblich sein – Flyer, Broschüre, Website oder Kinderbuch sind wesentlich günstiger, als viele denken!

Preise werden oftmals anhand von Normseiten berechnet, durch die sich Kosten gut vergleichen lassen. Warum das so ist und worauf man da achten sollte, habe ich im Beitrag zur Normseite zusammengefasst.

Zeit

Ist deine Veröffentlichung zeitkritisch oder die Deadline eher ein Wunsch? Viele, die seit langem im Lektorat arbeiten, vor allem im Belletristik- oder Kinderbuch-Bereich, sind über mehrere Monate ausgebucht. Das heißt entweder frühzeitig planen und suchen oder beispielsweise über die Mailingliste des VFLL (s. unten) anfragen. Dann ist auch sicher, dass die Leute, die sich melden, im gewünschten Zeitraum Kapazitäten haben. In jedem Fall sollte man aber vermeiden, sich erst zwei Tage vor Abgabe einer Abschlussarbeit um ein Lektorat zu bemühen. Das kann einerseits teurer werden und erzeugt andererseits unnötigen Stress, bei dem wiederum Fehler entstehen.

Chemie & Stil

Für mich ist die Chemie zwischen Autor*in und Lektor*in persönlich ein wichtiger Faktor. Du hast viel Herzblut in deinen Text gesteckt, da solltest du jemanden finden, der zu dir und deinem Text passt. Werden deine Wünsche respektiert und wird dir verständlich erläutert, wie du deinen Text optimieren kannst? Wünschst du dir viel oder wenig Kommunikation? Bist du dir unsicher und freust dich deshalb auch über positive Kommentare?

Ein Beispiel aus meiner Arbeit:

Eine potenzielle Kundin schreibt mir. Nachdem ich ein paar Informationen zu ihrem Text herausgekitzelt habe, vereinbaren wir ein Kennenlern-Telefonat. Sie hat eher „Angst“ vor einem Lektorat, weiß nicht so recht, was sie sich darunter vorstellen soll. Außerdem sind ihre Texte sehr persönlich und sollen nicht verfremdet werden.

Am Telefon erzähle ich ein wenig über mich und wir finden auf Anhieb viele Gemeinsamkeiten. Auch ganz wichtig: Meine Ideen für die Überarbeitung des Texts finden ihre Zustimmung. Es hat einfach sofort „Klick“ gemacht. So konnte sie sich nicht nur auf etwas mehr einlassen als ein Korrektorat, sie ist mit meinen bestärkenden und hilfreichen Kommentaren total glücklich gewesen. Bei umfangreichen Projekten ist ein Telefonat also sehr hilfreich.

Autorin am Schreibtisch schreibt nachdenklich

Bei Manuskripten ist auch ein Probelektorat zu empfehlen. Dabei werden wenige Seiten deines Manuskripts (oft kostenlos) überarbeitet. Auf diese Weise kannst du dir ein besseres Bild von den Änderungen und vom Stil des Lektors machen. Beim Lektorat gibt es eben kein Regelwerk: Es können unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden, manche sind strenger beim Stil, manche weniger usw. 

I want it all!

Klar,  wer will das nicht. Aber sorry, das ist wohl eher Wunschdenken. Du kannst es dir ungefähr als Dreieck vorstellen: Preis – Qualität – Zeit. Natürlich kannst du ein schnelles, gutes Lektorat bekommen, das hat aber seinen Preis. Oder du kannst ein gutes, günstiges bekommen, musst darauf aber länger warten. Finde heraus, was dir am wichtigsten ist.

Präferenzen gecheckt – wo suche ich jetzt?

Der Idealfall ist natürlich: Du kennst jemanden, der bereits veröffentlicht hat, und der Text hat dir sehr gefallen. Wer lektoriert hat, steht in der Regel im Impressum. Oder es ist jemand aus dem Bekanntenkreis und du kannst dort direkt nachfragen.

Aber auch ohne persönliche Empfehlungen gibt es viele Möglichkeiten:

Der Selfpublishingmarkt ist eine Plattform, auf der Dienstleister aus der Buchbranche kostenlos ihr Angebot einstellen können. Die Listen lassen sich nach Schwerpunkt, Preis, Ort und so weiter filtern.

Wer sichergehen will, dass es sich um einen professionellen Dienstleister handelt, der ist beim VFLL (Verband der freien Lektorinnen und Lektoren) an der richtigen Stelle. Der Verband hat über 1000 Mitglieder deutschlandweit und Zugangsbeschränkungen, die die Qualität der Arbeit sicherstellen soll. Es gibt zwei Möglichkeiten für einen Kontakt:

Das VFLL-Lektoratsverzeichnis

Das Verzeichnis funktioniert ebenso wie der Selfpublishingmarkt, allerdings können sich nur VFLL-Mitglieder eintragen lassen. Der Fokus ist natürlich auf den Bereich Lektorat gelegt, einige Lektor*innen sind aber auch gleichzeitig Übersetzer, Copywriter oder übernehmen den Buchsatz. Wer Wert darauf legt, den freien Lektor vielleicht mal persönlich zu treffen, kann auch direkt über eine Karte suchen, damit die Entfernung nicht zu weit ist.

Die VFLL-Mailingliste

Hier versendest du ein simples Anfrageformular mit den relevanten Daten. Alle VFLL-Mitglieder, die die Mailingliste abonniert haben, bekommen die Anfrage zugesendet. Hier kommt das Lamm zum Löwen. Wie ich hörte, geht die Vergabe per Mailingliste recht schnell.

Einfach mal googeln

Geht es um ein Lektorat durch einen SEO-Experten ist das ein gelungener Test: Erscheint ein Kandidat bei passenden Keywords oben in den Suchergebnissen, schafft er das sicher auch mit deinen Texten. Wenn dann noch die Website userfreundlich ist, kann nichts mehr schiefgehen.

Also, worauf wartest du noch? Da draußen gibt es viele gute Lektorinnen und Lektoren. Du verpflichtest dich zu nichts, wenn du einfach mal anfragst. Und die kostenlose Ersteinschätzung deines Texts gibt’s oft kostenlos dazu.


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